Die moderne Geschichte der Region des heutigen Praia do Forte beginnt um das Jahr 1510, also lange vor der offiziellen portugiesischen Kolonisation Brasiliens in den 1530er Jahren, mit dem Schiffbruch eines portugiesischen Handelsseglers in den Felsen von Mariquita vor Rio Vermelho (heute ein Stadtteil von Salvador). Diogo Álvares, der einzige Überlebende des Unglücks, knüpft enge Bande mit den lokalen Tupinambá-Indianern, von denen er "Caramuru" (Tupi-indianisch für "Meeresdrache" bzw. "Moräne") genannt wird.
Álvares begründet eine eigene Sippe, verfügt alsbald auch über ein eigenes Dorf (die heutigen Stadteile Porto da Barra und Graca von Salvador) und betreibt jahrelang praktisch ungestört lebhaften Handel mit portugiesischen Handelsschiffen und französischen Schmugglern. Zu seinen Stützpunkten an der Küste zählen u.a. die Gegenden um Itapoan (heute ein Stadtteil Salvadors)
und, etwa 80 km weiter nördlich: Tatuapará - das heutige Praia do Forte.
Im Zuge der ersten organisierten portugiesischen Kolonisationsversuche ab 1534 verhält sich Álvares diplomatisch und festigt seine Stellung - insgesamt sechs seiner Töchter heiraten europäische Regierungsbeamte und Aristokraten. Zudem verlegt er mit der zunehmenden Vereinnahmung weiter Teile des heutigen Salavador durch die portugiesische Krone seine Geschäfte mit den Franzosen diskret ins abgelegene Tatuapará, einen der wenigen natürlichen Ankerplätze an der von Riffen gesäumten Nordküste Bahias.
Mit der offiziellen Gründung Salvadors als Hauptstadt der amerikanischen Kolonien Portugals im Jahr 1549 betritt eine weitere emblematische Figur den Schauplatz, die auch die Geschichte von Praia do Forte entscheidend prägen wird: Garcia d'Avila, ein Beamter der Entourage des ersten Generalgoverneurs Thomé de Sousa, ist in seiner Funktion als Almoxerife (Schatzmeister) u.a. für die Lebensmittelversorgung der Kolonie zuständig, begründet eine gut gedeiende Rinderzucht und erhält dazu grosszügige Landschenkungen des Governeurs, darunter auch die Gegend des heutigen Praia do Forte. Historiker glauben heute, dass diese Schenkungen nicht ganz zufällig erfolgten: Garcia d'Avila war vermutlich ein unehelicher Sohn des Governeurs, was plausibel erscheint, da Landschenkungen in dieser Grössenordnung an offizielle Familienangehörige nicht gestattet waren.
Nach den im Verlauf der Landnahmen entlang der Küste durch die Portugiesen nicht ausbleibenden kriegerischen Konflikten mit den dortigen Tupi-Gruppen kommt es zur Gründung von Missionsdörfern im Norden von Salvador, in denen die besiegten Indianer zivilisiert werden sollen. 1561 erfolgt die offizielle Gründung der Aldeia de Bom Jesus de Tatuapara im historischen Kerngebiet des heutigen Praia do Forte. Zeitgleich fungiert das Dorf als operatives Zentrum der Projekte von Garcia d'Avila, der von dort mit seinen Viehherden ander Küste entlang nach Norden bis zum Rio Sao Francisco und tief ins Landesinnere vordringt. Unter seinen Nachfahren wird sich sein Einflussbereich so zum einem der weltweit grössten Landbesitztümer der Neuzeit entwickeln.
Die ältesten von Garcia D'Ávila in Praia do Forte errichteten Gebäude - ein befestigter Wohnturm und eine kleine Kapelle - werden von Historikern auf 1551 datiert - also 2-3 Jahre nach seiner Ankunft in Brasilien und kurz nach seiner Landnahme der Region um den Rio Pojuca und Praia do Forte um 1550. Direkt am Strand, nahe der Mündung des Rio Pojuca, stand zu dieser Zeit vermutlich ein weiterer befestigter Turm, dessen Überreste bis ins frühe 20. Jahrhundert erkennbar waren, und dem Praia do Forte seinen Namen zu verdanken haben dürfte. Heute ist von diesen Strukturen ist leider nichts mehr erhalten.
Vermutlich kam es zu dieser Zeit auch zu Kontakten zwischen Garcia D'Ávila und Diogo Álvares Caramuru, der in Tatuapara weiterhin seinen Stützpunkt unterhielt. Damit verflechten sich in Praia do Forte noch im 16. Jahrhundert zwei legendäre Erzählstränge der bahianischen Geschichte. Besiegelt wird die politisch geprägte Verbindung noch vor der Jahrhundertwende mit der Heirat von Diogo Dias, Sohn einer der Töchter Camamurus und eines portugiesischen Adeligen, und Garcia D'Ávilas Tochter Isabel D'Ávila.
Ab 1570 erbaut Garcia D'Ávila, zu diesem Zeitpunkt bereits reich und mächtig, die erste Version der heute als Castelo Garcia D'Ávila bekannten Struktur, wenige Kilometer von Praia do Forte auf einer Anhöhe, ca. 50 Meter über dem Meer. Aus dieser Zeit stammen die Grundrisse der sechseckigen Kapelle und der direkt an diese angrenzenden rechteckigen Strukturen, die heute noch zu beischtigen sind. Da Isabel und Diogo beide früh versterben, legt Garcia D'Ávila 1609 in seinem Testament deren minderjährigen Sohn Francisco als Erben seiner beträchtlichen Besitztümer fest. Francisco Dias Garcia D'Ávila Caramuru, wie er sich selbst nennt, tritt 1621 als Begründer einer langen Stammlinie des legendären Casa da Torre sein Erbe an.
Der Stammbaum des Casa da Torre ist komplex. Die Hausgeschichtsschreibung überspringt in der Regel gern die Generation von Garcia D'Ávilas Tochter Isabel - durch die, gemäß den Erbfolgeregeln der Zeit, das Haus D'Ávila genau genommen gleich zu Beginn die männliche Linie verliert - und nennt D'Ávilas Enkel als zweite Generation in der Erbfolge - was soweit es das Testament angeht auch stimmt.
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